Kommunistischer Bund Westdeutschland
(https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunistischer_Bund_Westdeutschland)
Der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW) war eine maoistische westdeutsche K-Gruppe, die von 1973 bis Anfang 1985 bestand. Die Kleinpartei ging hauptsächlich aus der im Herbst 1970 gegründeten Kommunistischen Gruppe (Neues Rotes Forum) Mannheim-Heidelberg (Kurzbezeichnung: KG/NRF), einer Nachfolgeorganisation des Heidelberger SDS, und dem Kommunistischen Bund Bremen sowie weiteren Zirkeln („Bünden“) hervor.
1982 stellte der KBW die politische Arbeit weitgehend ein und löste sich nach langwierigen Verhandlungen über die Verwertung seines Millionenvermögens 1985 auf.
Einige seiner Mitglieder wurden später in der Bundes- und Landespolitik in führenden Positionen aktiv, darunter
In den KBW-Gruppen in Freiburg, Göttingen und vor allem Heidelberg gab es eine große Überschneidung mit den Wortführern im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und einen entsprechenden Einfluss auf zahlreiche Gruppen der Jugendbewegung. Wichtige Stationen auf dem Weg zu einer bundesweiten Organisation der zunächst bloß örtlichen bzw. regionalen Zirkel, die schließlich den KBW gründeten bzw. mehr oder minder schnell in diesen aufgenommen wurden, waren zunächst die Aktionseinheit gegen das Hochschulrahmengesetz bzw. die Aktionseinheit kommunistischer Hochschulgruppen und die Aktionseinheit in der Metalltarifrunde 1971.
Publizistisch erfolgte eine Zusammenarbeit über die Bremer Wahrheit, die von vielen örtlichen Gruppen 1972 und im ersten Halbjahr 1973 nicht nur mit Berichten beliefert, sondern oft auch neben den jeweiligen lokalen ‚Zentralorganen‘ öffentlich vertrieben wurde. Sie erreichte Auflagenhöhen von an die 12.000 Stück und stellte das Zentralorgan der Gruppen des ‚Bremer Kommunique‘ dar, die sich an den Aufbau des KBW gemacht hatten.
Parallel dazu wurde – vor allem in den Spalten des Heidelberger ‚Neuen Roten Forums‘ (NRF), aber auch in den zahlreichen örtlichen theoretischen Organen der Zirkel –, eine intensive Debatte um das ‚Programm der westdeutschen Kommunisten‘ geführt. An dieser Debatte beteiligten sich alle alten Freunde aus den Aktionseinheiten, die anderen Aufbauorganisationen bzw. sich schon für die Partei haltenden Konkurrenzformationen, einige Gruppen der damals zerfallenden KPD/ML-Zentralbüro und vor allem zahlreiche Gruppen, die auf dem außerordentlichen Parteitag der KPD/ML-Zentralkomitee von Ernst Aust ausgeschlossen worden waren. Für den KBW konnten dabei einige Gruppen gewonnen werden, andere waren durch die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung zumindest beeindruckt.
Diese breite öffentliche Diskussion um das Programm mit der gesamten linken Bewegung unterschied den KBW wesentlich von anderen Ansätzen. Denn der KB hatte kein Programm und der Rest der K-Gruppen präsentierte sein Programm als fertige Plattform. Das Programm des KBW zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass über sogenannte ‚demokratische Forderungen‘ eine Schwächung des Staatsapparates einerseits, eine Stärkung des Bewusstseins und der Fähigkeiten der sog. Volksmassen andererseits bewirkt werden sollte.
Seine wohl stärkste Attraktivität wies der KBW im Bereich der Bundeswehr auf. Es entstanden zahlreiche große Soldatengruppen in kurzer Zeit. Der Umstand, dass diese noch dazu gerne auch in Uniform demonstrierten, erschien einigen besorgniserregend. Es wurden gemeinsame Kantinen und gleiche Verpflegung für Offiziere und Mannschaften und die Fortzahlung des bisherigen Lohns gefordert, sowie die Wahl der Offiziere durch das Volk nebst der allgemeinen Volksbewaffnung bzw. die Ersetzung der Bundeswehr durch die ‚Volksmiliz‘. So hießen auch viele der zunächst örtlich-regionalen bzw. später bezirklichen Soldatenzeitungen des KBW. Die Berufung auf das Volk und die Demokratie nahm beim KBW manchmal selbstzerstörerische Formen an. So bekannten sich im Rahmen der Fritz Güde-Kampagne – ein Studienrat, der wegen des Verkaufs von Ausgaben des KBW-Zentralorgans Kommunistische Volkszeitung (KVZ) entlassen werden sollte – nicht nur viele Hunderte Menschen, die im öffentlichen Dienst tätig waren bzw. als Auszubildende dies anstrebten, zum Recht des Verkaufs der KVZ. Sie bezichtigten sich sogar selbst in den Spalten der KVZ dieses „Vergehens“. Später versuchte sich der KBW wiederholt nicht nur in Forderungen nach einem Volksentscheid gegen den Paragraphen 218, sondern auch in verschiedenen Städten im Sturz der Magistrate bzw. Senate und Stadträte etc. durch die ‚Volksmassen‘.
Im Unterschied zu anderen Gruppierungen, die aus der 68er-Bewegung hervorgegangen sind, war der KBW eine Kaderorganisation. Mitglieder führten mindestens 10 % ihres Bruttoeinkommens an den KBW ab, darüber hinaus wurden Beiträge (z. B. Spenden von Erbschaften) erwartet. Dank dessen verfügte der KBW neben einer Reihe hauptberuflicher Funktionäre auch über eine außergewöhnlich gut ausgebaute technische Infrastruktur. Er besaß einen eigenen Fuhrpark mit Saab-Limousinen, ein für damalige Verhältnisse äußerst modernes DFÜ-System (Redactron), Parteigebäude in Frankfurt, Berlin, Bremen und Hamburg, eine eigene Druckerei (Caro-Druck), einen Buchvertrieb (Hager), Verlage (Kühl KG, Sendler) sowie „Musterhöfe“, auf denen mit Methoden „schnellwachsender Eiweißproduktion“ experimentiert wurde.
Ideologisch stand er dem Maoismus nahe und sympathisierte mit Regimen wie der Volksrepublik China, Albanien oder Kambodscha unter Pol Pot. Der ugandische Diktator Idi Amin wurde im Zentralorgan der Partei, der Kommunistischen Volkszeitung, lange als fortschrittlicher Staatschef bezeichnet, was parteiintern aber umstritten war. Der KBW unterstützte aktiv auch Freiheitsbewegungen wie den African National Congress (ANC) in Südafrika und ZANU in Simbabwe.
Aufgrund dieser Ausrichtung kam es gelegentlich innerhalb der linken Szene in Frankfurt am Main, wo der KBW ab Mai 1977 sein Hauptquartier in der Mainzer Landstraße 147 ansiedelte, zu Rangeleien mit Spontigruppen um Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer. Mehrfach versuchte der KBW auch, in Orten, wo er stärker vertreten war, Veranstaltungen anderer linker Organisationen zu stören. Der Hauptgegner des KBW war aber der „bürgerliche Staat“.
In der internationalen Politik verfolgte der KBW eine Position des Antihegemonismus und der Blockfreiheit, was in u. a. in der Parole „Nieder mit NATO und Warschauer Pakt“ zur Zeit der Zuspitzung des kalten Krieges in Europa Ausdruck fand, aber auch in der Unterstützung der Befreiungsbewegung in Afghanistan gegen die Besatzung durch die Sowjetunion.
Anders als die Spontigruppen gehörte der KBW seinem Selbstverständnis nach im engeren Sinne nicht zur Außerparlamentarischen Opposition: Er betrachtete sich vielmehr von vornherein als einen „Parteiansatz“, der schließlich zur Gründung einer eigentlichen kommunistischen Partei ausgebaut werden sollte. So beteiligte er sich auch von 1974 bis 1981 offiziell an Wahlen. Die Chemielaborantin Helga Rosenbaum vertrat den KBW z. B. im Gemeinderat von Heidelberg.
Die spätere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt kandidierte auf der Landesliste NRW des KBW auf Platz 2 bei der Bundestagswahl 1976 und als Direktkandidatin in Aachen Stadt. Neben Ulla Schmidt waren folgende ehemalige KBW-Genossen Mitglieder des Deutschen Bundestags der 17. Wahlperiode: Ursula Lötzer (Die Linke) und Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen). Winfried Nachtwei, der von 1994 bis 2009 Abgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag war, trat nicht mehr zu dieser Wahl an. Lötzer und Sager kandidierten nicht mehr bei der Bundestagswahl 2013 (18. Wahlperiode).
Die höchste Mitgliederzahl – ca. 2.600 – erreichte der KBW 1976. Darüber hinaus gab es angeschlossene Organisationen wie die Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskämpfe (GUV) für ausgebildete Akademiker (ca. 800 Mitglieder), die Soldaten- und Reservistenkomitees für die antimilitaristische Arbeit und die Komitees und Initiativen gegen den § 218. An den Hochschulen verfügte der KBW über keine einheitliche bundesweite Studentenorganisation. Auf seiner politischen Linie arbeiteten der Kommunistische Studentenbund (KSB), die Kommunistische Hochschulgruppe (KHG) bzw. weitere Gruppen mit anderen Namen (ca. 2.100 Mitglieder), allerdings keineswegs alle örtlichen Vereinigungen dieser Namen. Die anfangs lokalen „Kommunistischen Schülergruppen“ (KSG), „Kommunistischen Oberschülerbünde“ (KOB) und „Kommunistischen Arbeiterjugendbünde“ (KAJB), wurden ab 1976 zu einem Kommunistischen Jugendbund (KJB) (ca. 540 Mitglieder) zusammengefasst.
Durch einen Kronzeugen, den der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein Ende 1978 präsentierte, erfuhr die Öffentlichkeit, dass der KBW von seinen Mitgliedern nicht nur hohen finanziellen, sondern auch großen zeitlichen Einsatz erwarte und auch vor „psychischem Terror“ nicht zurückschrecke.
Dabei wurde auch erwähnt, dass der KBW von seiner Mitgliederstruktur her nicht die „proletarische“ Organisation war, die er gerne sein wollte. In seinen Reihen waren auffallend viele Ärzte, Lehrer, ca. 70 Rechtsanwälte, Professoren (und bis zu ihrem Austritt ca. 1974–1975 auch etwa fünf evangelische Pfarrer). Die Pastoren wurden vor die Alternative des Austritts aus der Kaderorganisation, d. h. die Rückversetzung in den Sympathisantenstatus ohne Wahlrecht bei sensiblen Angelegenheiten, oder des Austritts aus der Kirche und Niederlegung ihrer Profession gestellt. Im Raum Hamburg betraf dies drei Pastoren, also eine kleine Minderheit gegenüber der eher KB-nahen Konkurrenz im innerhalb konfessioneller Strukturen verbleibenden Nordelbischen Arbeitskreis Kirche – NAK. Eine Broschüre ‚Religion, Opium des Volkes‘, die eine der ca. zwei Dutzend ersten KBW-Broschüren der Jahre 1973–1975 war, die in 30 000 bis 80 000 Stück aufgelegt und auch meist verkauft wurden, wurde veröffentlicht. Vor allem jugendliche Teile der evangelischen Gemeinden in Hamburg-Bramfeld (Pastorin Edda Groth), Quickborn/Ellerau (Pastor Eckard Gallmeyer, es wurde u. a. eine Initiativgruppe für eine Gemeindearbeit im Interesse der Bevölkerung als Herausgeberin der Ortsbeilage der KVZ aktiv) und Norderstedt (Pastor Karl-Helmut Lechner) wurden teilweise in den KBW bzw. dessen Massenorganisationen überführt.
Geleitet wurde der KBW von einem anfangs 11-köpfigen Zentralkomitee (ZK), das jährlich (später zweijährlich, zuletzt wieder jährlich) von einer Delegiertenkonferenz gewählt wurde. Die Funktion des ZK-Sekretärs wurde ohne Unterbrechung von der wichtigsten Führungsfigur Joscha Schmierer ausgeübt, der auch als Herausgeber des Zentralorgans des KBW Kommunistische Volkszeitung und des theoretischen Organs Kommunismus und Klassenkampf fungierte. Nach deren Einstellung bestimmte er seit 1983 als Chefredakteur den politischen Kurs der Zeitschrift Kommune, die inzwischen als Organ der Realo-Fraktion der Grünen gilt. Seit 1999 war Schmierer im Planungsstab des Auswärtigen Amts zuständig für Grundsatzfragen der Europapolitik. Der KBW beruhte programmatisch auf einer Organisationsform, die als „Demokratischer Zentralismus“ bezeichnet wurde, ähnlich der Organisationsform unter Lenin oder Mao. Dem Programm gemäß erhielten gewählte Kader eine Art Kommandantenstatus, wobei sie aber auch jederzeit mit einer Zweidrittelmehrheit abgewählt werden konnten. In der Praxis führte dies selten zur Abwahl, aber üblicherweise zur Opposition in Form von Nichterscheinen zu Aktionen, – wie vor allem bei den Ölkrisenprotesten Ende 1973 (s. u.), wo oft nur die Hälfte der Vollmitglieder an den Märschen teilnahm bzw. diese ganz abgesagt wurden –, bzw. zur schlichten Nichtkommunikation kämpfender Basiseinheiten mit der Leitung. So wurde von Streiks oder Aktionen, in denen KBW-Zellen selbst initiativ waren, der Leitung oft erst berichtet, wenn diese längst vorüber waren. Dies führte bereits bei der wilden Streikwelle 1973, die sich während der Gründung des KBW vollzog, zum Unmut im ZK bzw. zur Häme bei der Konkurrenz.
Es ist – leider – kein Zufall, dass Umweltschutz und Rechtsextremismus so
gut zusammenpassen. «Im Verlauf der Ökologiegeschichte waren es entgegen
der heute vorherrschenden Meinung nicht etwa anarchistische, marxistische,
sozialdemokratische oder liberale Strömungen, die den Charakter der Ökologie
entscheidend prägten», schrieb Oliver Geden 1996 in seinem Buch «Rechte
Ökologie». «Es war zumeist konservatives bis faschistisches Gedankengut, das
sowohl der ökologischen Wissenschaft als auch den ökologischen Bewegungen
seinen Stempel aufdrückte.» Geden zeichnet nach, wie eng die Begründung der
Ökologie seit dem späten 19. Jahrhundert mit sozial-darwinistischem und rassistischem Denken verzahnt war. Quelle